Die Sache mit dem pH-Wert: Warum 0,2 Unterschied über Leben und Tod entscheiden können
Ich dachte früher, pH sei eine Zahl auf dem Teststreifen – heute weiß ich: Er ist der Dirigent des gesamten Zuchterfolgs.
Kaum eine Wasserkennzahl wird so unterschätzt – und kaum eine entscheidet so deutlich über Gelingen oder Scheitern der Nachzucht. In diesem Beitrag erzähle ich dir, wie ich den pH-Wert endlich verstanden habe – und warum ich ihn täglich kontrolliere.
1. Was der pH-Wert überhaupt misst
Der pH-Wert gibt an, wie sauer oder basisch dein Wasser ist. Skala von 0 (extrem sauer) bis 14 (extrem basisch), 7 ist neutral.
In der Fischzucht spielt er eine zentrale Rolle für:
- Laichbereitschaft
- Schlupfrate der Eier
- Fressverhalten der Jungtiere
- Verfügbarkeit von Giftstoffen (z. B. Ammoniak!)
2. Die große Falle: „Zwischen 6,5 und 7,5 ist schon okay.“
Das mag für ein Gesellschaftsbecken stimmen – in der Zucht sieht das anders aus. Beispiel:
- pH 6,4: Apistogramma-Arten laichen häufig spontan, Eier schlüpfen schnell
- pH 6,8: gleiche Bedingungen – aber Eier verschimmeln, keine Brut
Ich musste das selbst erleben – ein halbes Jahr frustrierte Versuche, bis ich endlich mit Osmosewasser arbeitete und den pH gezielt senkte.
3. Wie ich den pH-Wert messe
Teststreifen? Nur für den Überblick. Ich arbeite seit 2022 mit einem digitalen pH-Meter (genau auf zwei Nachkommastellen).
- Kalibrierung 1× wöchentlich mit Referenzlösung
- Messung morgens vor dem Licht an – dann ist der CO₂-Wert am stabilsten
Ich führe täglich Protokoll – so sehe ich auch Trends, etwa bei zunehmender Alterung des Wassers oder Veränderung durch Fütterung.
4. pH-Stabilisierung – meine Strategien
- Verzicht auf kalkhaltige Materialien (z. B. Seiryu-Steine)
- Verwendung von Osmosewasser + gezielte Remineralisierung
- Einsatz von Erlenzapfen und Seemandelbaumblättern für leichte pH-Senkung
- Keine CO₂-Düngung im Zuchtbecken – zu instabil!
Ich halte den pH in Zuchtbecken meist zwischen 5,8 und 6,4 – das passt für die meisten südamerikanischen Arten perfekt.
5. Wie ich pH-Veränderungen erkenne – bevor es zu spät ist
Erste Warnzeichen:
- Fische schießen beim Lichtwechsel durch das Becken
- Laich wird gelegt, aber nicht bebrütet
- Jungtiere fressen plötzlich schlechter
Dann messe ich sofort – und finde fast immer eine Abweichung von 0,2 oder mehr.
6. Ein kleines Beispiel aus meinem Alltag
Ich hatte ein Becken mit 28 frisch geschlüpften C. panda. Tag 4, alle vital. Tag 5: 6 tote Jungtiere, keine sichtbaren Schäden. pH von 6,2 auf 6,7 gestiegen – Ursache: Laub entfernt, Osmosewasser zu wenig remineralisiert.
Nach Korrektur: keine weiteren Verluste.
7. Der pH-Wert im Kontext: KH, CO₂, Temperatur
Der pH steht nie allein:
- KH (Karbonathärte): bestimmt die Stabilität des pH – je höher, desto träger
- CO₂: senkt den pH – aber bei falscher Dosis auch gefährlich
- Temperatur: beeinflusst alle chemischen Gleichgewichte im Wasser
Ich messe daher KH wöchentlich, CO₂ nur bei Auffälligkeiten.
Fazit: 0,2 machen den Unterschied
Der pH-Wert ist kein Detail. Er ist Basis, Kompass und Frühwarnsystem zugleich. Wer ihn unterschätzt, züchtet blind.
Seit ich ihn verstehe, verstehe ich auch meine Fische besser.
Herzlich,
Haustier Blogger
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