Licht als Zuchtfaktor: Warum die richtige Beleuchtung über Erfolg und Misserfolg entscheidet

Die Sonne sagt den Fischen, was zu tun ist. Das klingt romantisch – ist aber biologisch exakt. Für viele Fischarten ist der Wechsel von Licht und Dunkelheit das Signal zum Balzen, Laichen, Brüten. Trotzdem ist das Thema Licht in der Zucht oft unterbewertet. Viele Aquarianer achten auf Wasserwerte, Filtertechnik und Futter – aber übersehen, dass auch die richtige Beleuchtung den Unterschied machen kann.

Ich selbst habe erst durch einen Zufall verstanden, wie wichtig die Lichtführung ist: Als meine Zeitschaltuhr kaputt ging, hörten meine Mikrogeophagus ramirezi von einem Tag auf den anderen auf zu balzen. Erst nach Tagen im stabilen Licht-Dunkel-Rhythmus begannen sie wieder mit ihrem typischen Paarungstanz. Seitdem ist Licht für mich kein Nebenbei-Thema mehr – sondern ein zentraler Zuchtfaktor.

1. Licht als natürlicher Trigger

In der Natur sind Lichtverhältnisse an den Tagesverlauf gekoppelt. Morgens steigt die Helligkeit langsam an, mittags erreicht sie ihr Maximum, abends dimmt sie wieder ab – und nachts ist es komplett dunkel. Fische orientieren sich an diesen Veränderungen: Sie wissen, wann es Zeit ist zu fressen, wann zu ruhen – und wann zu paaren.

Viele Arten brauchen diese Rhythmen, um sich sicher zu fühlen. Sie bauen Vertrauen über wiederkehrende Muster auf. Wenn das Licht jeden Tag zur gleichen Zeit angeht und ausgeht, entwickeln sie einen inneren Takt. Und nur in diesem Rhythmus zeigen sie das komplette Verhaltensrepertoire – inklusive Balz, Laichvorbereitung und Brutpflege.

2. Der häufigste Fehler: Licht zu stark, zu grell, zu lange

Moderne LED-Systeme sind hell, effizient und stylish – aber für viele Fische ein Problem. Gerade in kleineren Zuchtbecken kann das Licht schnell zu intensiv sein. Die Tiere ziehen sich zurück, wirken blass, zeigen kaum Interaktion. Auch Dauerbeleuchtung ohne echte Nachtphase ist eine Stressquelle – für Tiere und Pflanzen.

Ich habe gute Erfahrungen mit LED-Leisten gemacht, die sich dimmen lassen – manuell oder per Zeitschaltuhr. So simuliere ich sanfte Übergänge: 30 Minuten Dämmerung am Morgen, acht Stunden Tageslicht, 30 Minuten Abenddämmerung. Danach völlige Dunkelheit.

3. Lichtfarben gezielt einsetzen

Licht ist nicht gleich Licht. Die Farbtemperatur – gemessen in Kelvin – beeinflusst nicht nur das Aussehen des Beckens, sondern auch das Verhalten der Fische. Hier meine bevorzugten Kombinationen:

  • Warmweiß (2700–3500 K): Ideal für Labyrinthfische und Schwarzwasserarten, beruhigend und farbverstärkend
  • Neutralweiß (4000–5000 K): Gut für Aufzuchtbecken, da es natürlich wirkt und Pflanzenwachstum fördert
  • Kaltweiß (6000–7000 K): Eher für Showbecken oder reine Pflanzenbecken – kann bei Zuchtbecken zu grell sein

Ich kombiniere oft zwei LED-Leisten: eine mit Warmweiß, eine mit Neutralweiß. So kann ich je nach Tageszeit oder Zuchtphase variieren – etwa mehr Warmton während der Balzzeit, mehr Neutralweiß zur Aufzucht.

4. Schattenzonen – das unterschätzte Gestaltungselement

In jedem Zuchtbecken sollten auch bewusst dunkle Bereiche vorhanden sein. Diese Schattenzonen – z. B. unter Wurzeln, Schwimmpflanzen oder Höhlen – geben scheuen Arten Sicherheit. In freier Wildbahn ist Licht nie homogen – es gibt immer schattige Stellen, Rückzugsräume, Laubdecken.

Ich nutze z. B. schwimmendes Hornkraut oder Salvinia, um etwa ein Drittel der Wasseroberfläche abzudecken. Das reduziert die Lichtintensität, schafft abwechslungsreiche Zonen und verbessert gleichzeitig die Wasserqualität.

5. Nachtlicht – ja oder nein?

Ich werde oft gefragt, ob ein Nachtlicht sinnvoll ist – etwa für Labyrinther oder Maulbrüter. Meine Antwort: Es kommt darauf an. Für viele Arten ist völlige Dunkelheit wichtig, um sich zu regenerieren. Bei empfindlichen Zuchtansätzen (z. B. Schaumnestbau) kann ein leichtes, indirektes Nachtlicht helfen, die Orientierung zu behalten.

Ich verwende in solchen Fällen rote oder blaue LED-Punkte mit maximal 0,3 Watt – und nur in besonders sensiblen Phasen. Ansonsten gilt: Dunkel ist dunkel. Und das ist gut so.

6. Lichtwechsel als aktiver Zuchtauslöser

In manchen Fällen kann eine gezielte Änderung der Beleuchtung direkt zum Laichen führen. Ich habe z. B. beobachtet, dass Apistogramma borellii auf eine abrupte Verkürzung der Lichtdauer von 12 auf 8 Stunden mit sofortigem Revierverhalten reagieren. Ebenso führte das „Eintrüben“ des Beckens mit Laub und gleichzeitiger Absenkung der Lichtintensität bei meinen Betta smaragdina zu erfolgreicher Paarung innerhalb von zwei Tagen.

Du kannst mit Licht experimentieren – solange du sensibel beobachtest. Jeder Zuchtansatz ist individuell. Und manchmal ist eine kleine Veränderung im Licht der Schlüssel, auf den du gewartet hast.

Fazit: Licht verdient mehr Aufmerksamkeit

Wenn du ernsthaft züchten willst, darfst du Licht nicht dem Zufall überlassen. Es ist mehr als Helligkeit – es ist Kommunikation. Mit Licht steuerst du Verhalten, Wohlbefinden und sogar Fortpflanzung.

Beobachte deine Tiere, teste verschiedene Lichtfarben, schaffe Rückzugsräume. Und denke daran: In der Natur gibt es keinen Lichtschalter – nur Übergänge. Mach dein Zuchtbecken zu einem Ort, der diesen Rhythmus widerspiegelt.

Herzlich,
Haustier Blogger

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