Die unterschätzte Rolle von Schnecken in Zuchtbecken
Schnecken – für viele nur ein lästiges Übel. Für mich: wertvolle Mitarbeiter im Zuchtbecken.
Als ich mit der Fischzucht begann, entfernte ich Schnecken regelmäßig. Sie waren für mich Zeichen mangelnder Pflege, potenzielle Plagegeister. Heute sehe ich das ganz anders: Schnecken erfüllen in der Zucht wichtige Aufgaben. In diesem Beitrag zeige ich dir, welche Arten besonders nützlich sind, wie du sie kontrollierst – und warum sie oft über Leben und Tod von Jungfischen entscheiden.
1. Was Schnecken wirklich leisten
In Zuchtbecken übernehmen Schnecken mehrere wichtige Funktionen:
- Abbau von Futterresten: Schnecken verhindern Fäulnis durch nicht gefressenes Futter
- Biofilmregulation: Sie halten Glas und Wurzeln sauber, ohne Mikrofauna komplett zu vernichten
- Laubzersetzung: Besonders Turmdeckelschnecken helfen, Laub aufzubrechen
- Indikatorfunktion: Eine Schneckenexplosion? Dann fütterst du zu viel!
Schnecken sind damit Hygienehelfer, Biotopmanager und Frühwarnsystem zugleich.
2. Welche Arten eignen sich?
Ich arbeite in Zuchtbecken mit drei Hauptarten:
Blasenschnecken (Physa sp.)
- Klein, flink, gute Oberflächenreiniger
- Vermehren sich schnell – gutes Indikatorsystem
Posthornschnecken (Planorbella sp.)
- Etwas größer, auffälliger
- Sehr effektiv beim Futterabbau
- Schön anzusehen – besonders rote Varianten
Turmdeckelschnecken (Melanoides tuberculata)
- Graben den Bodengrund um – gut für Sauerstoffverteilung
- Nachts aktiv – kaum sichtbar
- Perfekt für Laubbecken mit Sandboden
Ich setze meist 5–10 Schnecken pro 30–50 Liter Becken ein – je nach Futtermenge und Besatz.
3. Schnecken für Jungfischaufzucht?
Definitiv! Gerade in der ersten Woche nach dem Schlupf sterben viele Jungfische an unentdeckten Futterresten, schlechter Wasserqualität oder fehlender Mikroflora. Schnecken helfen hier doppelt:
- Sie zersetzen Reste und halten das Wasser stabil
- Sie tragen zur Infusorienbildung bei – durch ihre Ausscheidungen und Bewegungen
Ich habe in Becken mit leichter Schneckenpopulation deutlich höhere Überlebensraten bei Labyrinthfischen und Zwergcichliden beobachtet – insbesondere bei Arten mit winziger Brut.
4. Schnecken kontrollieren – statt bekämpfen
Natürlich können Schnecken überhandnehmen. Dann kippt der Nutzen ins Gegenteil. Aber: Eine Explosion ist nie Schuld der Schnecken – sondern deiner Fütterung.
Kontrolle funktioniert so:
- Nur so viel füttern, wie restlos aufgenommen wird
- Bei Bedarf absammeln – z. B. mit einer Gurkenscheibe als Lockfalle
- Gezielt Tiere ins andere Becken umsetzen (sie wandern gerne mit)
Ich verwende Schnecken sogar bewusst als Transporthelfer: In neuen Becken setze ich 2–3 Schnecken aus einem stabilen Becken ein – sie bringen Mikroflora und Biofilm mit!
5. Mythen und Missverständnisse
Einige weitverbreitete Irrtümer über Schnecken:
- „Schnecken fressen Pflanzen“ – Nein, gesunde Pflanzen rühren sie nicht an. Nur abgestorbenes Gewebe.
- „Schnecken übertragen Krankheiten“ – In gut gepflegten Becken sehr unwahrscheinlich.
- „Schnecken fressen Gelege“ – Nein, zumindest keine gesunden. Abgestorbene Eier ja – das ist sogar hilfreich!
Gerade letzteres halte ich für wertvoll: Schnecken entfernen unbefruchtete Eier und verhindern Schimmelbildung.
Fazit: Schnecken sind stille Helden
Wer Zucht ernst nimmt, sollte Schnecken nicht als Problem sehen, sondern als Partner. Sie arbeiten unermüdlich, stellen keine Ansprüche, kosten nichts – und erledigen Aufgaben, für die wir sonst Technik und Aufwand bräuchten.
Natürlich braucht es Balance. Aber wer sich darauf einlässt, wird überrascht sein, wie positiv sich eine kontrollierte Schneckenpopulation auf Wasserqualität, Jungfischentwicklung und Pflegeaufwand auswirkt.
Ich jedenfalls habe meine Einstellung komplett geändert. Und sehe heute jede Schnecke im Becken als willkommene Helferin.
Herzlich,
Haustier Blogger
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