Die Sache mit dem Futter: Warum Lebendfutter in der Zucht oft unterschätzt wird

„Du kannst keine gesunden Nachzuchten erwarten, wenn du deine Tiere mit Fast Food fütterst.“ Diesen Satz sagte ein alter Aquarianer zu mir – und ich habe ihn lange belächelt. Heute weiß ich: Er hatte recht.

In der Zuchtpraxis ist die Fütterung oft der entscheidende Faktor. Und dabei ist Lebendfutter – ob Artemia, Mikrowürmchen oder Enchyträen – weit mehr als nur Ergänzung. Es ist Stimulus, Gesundheitsbooster und Aufzuchtsicherheit in einem.

1. Warum Trockenfutter nicht reicht

Gutes Trockenfutter ist praktisch, hygienisch und nahrhaft. Es funktioniert hervorragend für die tägliche Grundversorgung. Doch bei der Zucht ist das nicht genug. Balzverhalten, Laichqualität und Jungfischentwicklung benötigen Impulse – und die liefert nur Lebendfutter:

  • Bewegung: Lebendfutter regt den Jagdinstinkt an
  • Frische: Es enthält aktive Enzyme, Mikroorganismen und Vitamine
  • Akzeptanz: Selbst mäkelige Fresser nehmen Lebendfutter bereitwillig an

Ich habe mehrfach erlebt, dass ein Fischpaar nach Wochen des Desinteresses direkt nach einer Daphnien-Fütterung mit dem Balzen begann.

2. Die besten Lebendfutterarten für die Zucht

Je nach Art und Beckengröße kommen verschiedene Futtertiere infrage. Hier meine Favoriten:

  • Mikrowürmchen (Panagrellus): Perfekt für Jungfische der ersten Tage
  • Artemia-Nauplien: Universell einsetzbar, hoher Proteinanteil
  • Essigälchen: Winzig klein, gut dosierbar, lange haltbar
  • Daphnien: Ideal für adulte Tiere, fördern Verdauung
  • Enchyträen: Fettig, aber bei Zuchtkonditionierung hilfreich

Wichtig ist: nicht einfach „irgendwas“ geben. Die Wahl des Futters muss zur Lebensphase der Tiere passen. Artemia z. B. ist für viele Fischlarven zu groß – da sind Infusorien oder Essigälchen besser.

3. Selbstansätze – einfacher als gedacht

Viele scheuen die eigene Lebendfutterzucht. Dabei ist es überraschend einfach:

  • Mikrowürmchen: Haferflocken + Hefewasser + kleine Dose + Starterkultur
  • Essigälchen: Apfelessig + Wasser + Apfelstück + Kulturflasche
  • Artemia: Salzwasser + Belüftung + Eier + 24–36 h Brutzeit

Ich habe mir für jeden Futtertyp eine kleine Station im Keller eingerichtet. Mit einem Marker notiere ich, wann die Kultur angesetzt wurde – so weiß ich, wann sie reif ist. Das kostet täglich 5 Minuten – spart aber Geld und sorgt für frisches Futter jederzeit.

4. Fütterung als Zuchtauslöser

Lebendfutter ist nicht nur Nahrung – es ist auch Kommunikation. In der Natur beginnt die Fortpflanzung oft, wenn das Nahrungsangebot steigt. Der Körper signalisiert: Jetzt lohnt es sich, Energie in Nachkommen zu investieren.

Diesen Impuls kannst du im Aquarium gezielt setzen. Ich erhöhe z. B. die Lebendfuttergabe zwei Tage vor einem geplanten Wasserwechsel (Regenzeit-Simulation). Das hat bei mir wiederholt zu Balzverhalten geführt – etwa bei Betta simplex und Apistogramma nijsseni.

5. Jungfische – der wahre Test

Die Aufzuchtphase ist die eigentliche Herausforderung. Viele Fischlarven sterben nicht an Krankheiten – sondern schlicht an Hunger, weil das Futter zu groß oder zu wenig bewegt ist. Infusorien, Mikrowürmchen und Artemia-Nauplien sind hier die Lebensversicherung.

Ich füttere in den ersten Tagen bis zu 4× täglich – in kleinen Mengen. Wichtig ist, dass das Wasser stabil bleibt. Deshalb immer parallel kleine Wasserwechsel (10–15 %) mit abgestandenem Wasser durchführen.

Und ganz wichtig: Beobachten. Wenn die Jungtiere gezielt „schnappen“, passt die Futtersorte. Wenn sie lustlos treiben, stimmt meist etwas nicht – entweder mit dem Futter selbst oder den Bedingungen.

Fazit: Lebendfutter ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit

Wenn du erfolgreich züchten willst, kommst du an Lebendfutter nicht vorbei. Es kostet etwas Zeit – aber die Investition zahlt sich aus. Gesunde, vitale, schnell wachsende Nachzuchten sind der Lohn.

Und wenn du erst einmal siehst, wie deine Tiere vor Freude tanzen, wenn du mit der Pipette kommst – wirst du verstehen, warum diese Form der Fütterung nicht nur effektiver, sondern auch emotionaler ist.

Herzlich,
Haustier Blogger

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